Donnerstags im Fetten Hecht. Roman.
Stefan Nink, Blanvalet 2014

Donnerstags im Fetten Hecht

Der Weg ist das Ziel

In der titelgebenden Kneipe in Oer-Erkenschwick treffen sich die mitteljungalten Herren Siebeneisen, Wipperfürth und Schatten donnerstags zum Tipp-Kick. Sonst ist in dem etwas ranzigen Laden, in dem es nicht einmal Fassbier gibt, nicht viel los. Bis Schatten, der eigentlich O'Shady heißt, von einer Beerdigung in Dublin zurückkehrt und den beiden Bekannten mitteilt, von der klassischen entfernten Verwandten - einer Großtante - 50 Millionen Euro geerbt zu haben.
Vorausgesetzt, die sieben anderen O'Shadys, die die gleiche Summe geerbt haben, werden aufgefunden. Leider leben diese Iren über den gesamten Planeten verstreut und sind sehr reiselustig, im Gegensatz zu Schatten, der für derlei ohnehin zu dick ist. Also übernimmt der knauserige Wipperfürth die Organisation und der Journalist Siebeneisen wird auf die Suche geschickt - immerhin hat der ja fast alle Ausgaben der "National Geographic" zu Hause und ist deshalb total qualifiziert. Es geht ins Outback nach Australien, an den Südpol, in die afrikanische Savanne, in die Mongolei und an zwei, drei ähnliche, von der Zivilisation ähnlich entfernte Orte, von New Orleans vielleicht abgesehen, wo es aber auf andere Weise weltfremd zugeht. Wipperfürth sorgt dafür, dass die Reisen besonders abenteuerlich sind, denn er wählt ausnahmslos die billigsten Carrier, die schlechtesten Hotels und die beschwerlichsten Transfers.

Und trotzdem findet Siebeneisen nach und nach Gefallen an der Sache - nicht zuletzt, weil er sich unterwegs recht intensiv verliebt. Er wird von Nashörnern gejagt und von Wilderern entführt, von Extremtouristinnen genervt, von stoisch singenden Fahrern in klapprigen Autos durch die Mongolei kutschiert und von oktoberfestfeierenden Chinesen mit lauwarmem Bier abgefüllt. Er hat einen Unfall mit einem Motorschlitten und entdeckt ein nationales Heiligtum. Und, und, und.

"Donnerstags im Fetten Hecht" ist ein Abenteuerroman und ein Reisebuch, und übrigens ein sehr lustiges, ohne sich je auf Schenkelklopferniveau zu begeben. Okay, der Plot ist ein bisschen dünn, das letztlich offene Ende etwas unbefriedigend und die ganze Geschichte ziemlich vorhersehbar, aber man fährt ja auch nicht mit dem Ziel los, wieder nach Hause zu kommen, obwohl das am Ende meistens passiert. Stefan Nink ist ein kluger, stilsicherer, sehr reiseerfahrener Erzähler, der hier wahrscheinlich die Highlights seiner persönlichen Erlebnisse in ein paar Episoden gegossen hat, die mit dem "Fetten Hecht" locker zu einer Romanhandlung verbunden wurden. Doch das ist in Ordnung, weil es einfach Spaß macht und Lust aufs Reisen weckt. Der Cliffhanger, mit dem man gelockt werden soll, die Fortsetzung zu lesen, wäre allerdings nicht nötig gewesen, weil ich das sowieso getan hätte. Also tun werde.

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Nachttankstelle

Tom Liehrs aktuelle Veröffentlichung:

NACHTTANKSTELLE.
ROMAN.
rororo, 28. August 2015


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